Im Bestand des Schallplattenmuseums Braunschweig befinden sich einige gut erhaltene Geräte zum Abspielen von Schallplatten, seien es Schellack- oder Vinylplatten.

Da wir aber kein Gerätemuseum sind, liegt das Hauptaugenmerk bei uns auf den Platten selbst.

Nun kann man das Abspielgerät aber sehr schlecht von der Schallplatte trennen. Darum wollen wir hier einige geschichtliche Hintergründe erläutern, die unserer Meinung nach interessant sind.

 

Das Grammophon

 

Die Idee, Musik auf einem Medium zu speichern und sie immer wieder abspielen zu können- quasi als Konserve- ist gar nicht so neu wie wir denken.

 

Schon früher fand man großen Gefallen an technischen Errungenschaften, die wie von Zauberhand funktionierten, ohne dass jemand sie bedienen musste.

Schon die alten Griechen beschäftigten sich mit der Möglichkeit, mittels Pneumatik und Hydraulik (Luft- und Wasserkomprimierung) Töne zu erzeugen. Eine Wasserorgel von Ktesibos, eine windangetriebene Orgel von Heron und ein zwitschernder Vogel unbekannter Herkunft (beides etwa im 3. Jhd. v.Chr.) sind zumindest bis in römische Zeit (bis ca. 500 n.Chr.) erwähnt worden.

 

Erst sehr viel später griff man diese Möglichkeiten wieder auf.

Die Feinmechaniker der Renaissance entwickelten bewegliche Figuren an Turmuhren und Spielzeuge wie ein Schiff Karls V., auf dem sich alle möglichen Figuren bewegten.

Diese Mechaniken konnten einmal angestoßen werden und erzeugten dann Bewegungen und Töne. Echte Musikwiedergabegeräte waren sie aber noch nicht.

 

Im 18. Jahrhundert wurden dann Stiftwalzen entwickelt, die in Tondosen und Spieluhren Musik erzeugten.

Sie wurden gern in den Salons der feineren Gesellschaft als Hintergrundmusik oder als kleine Albernheit für die entzückten Damen eingesetzt.

Die Qualität der abgespielten Musik ist allerdings nicht mit der eines echten Instruments vergleichbar gewesen.

 

Im 19. Jahrhundert wurde man schon etwas erfinderischer und entwickelte Notenrollen und Wachswalzen wie z.B. für das selbstspielende Pianola.

 

Lochscheiben kamen Anfang des 19. Jahrhunderts auf und 1877 erfand Edison endlich seinen Phonographen.

Nun konnte Musik quasi gespeichert werden.

 

1887 "erfand" Emil Berliner das Grammophon, indem er diesen Begriff schützen ließ und sein erstes Gerät zum Patent anmeldete.

Das war ein wirtschaftlicher Coup, der ihn reich machte.

 

Thomas A. Edison hatte seinen Phonographen zwar schon 10 Jahre vorher erfunden, konnte ihn aber nicht in die alltagstaugliche Form bringen wie Berliner und vor allem verstand es Edison nicht, den kommerziellen Gedanken zu Ende zu denken.

 

Grammophone bestehen oft aus einem Eichenholzgehäuse, in dem sich der Motor befindet.

Koffergrammophone kommen mit leichteren Materialien wie lederüberzogenem Leichtholz daher.

 

Der Motor wird mit einer Feder angetrieben, die mit einer Kurbel aufgezogen wird.

 

Bei jüngeren Grammophonen befindet sich der Holzschalltrichter im Gehäusekasten, dessen Ausgang in einem Loch an der Front endet.

Koffergrammophone kommen sogar mit Schallverstärkertube im Boden aus.  

Die heute so beliebten Grammophone mit Außenschalltrichter wurden ab 1910 als unhandlich und unästhetisch empfunden.

Sogar das Trademark Grammophon, das auf dem Logo "His master´s voice" abgebildet ist, wurde als Kaffeemühle verhohnepiepelt, weil es eine nach oben gerichtete Kurbel hatte.

 

Die Bauhauszeit kam ab 1920 mit leichten unverschnörkelten Formen daher und so mussten auch die Grammophone kleiner, leichter und vor allem tragbar werden.

Koffergrammophone in Kroko-Optik waren der Hit.

Wenn der Emil mit seiner Bertha ins Grüne fuhr, natürlich in einem offenen Automobil, dann musste solch ein Grammophon mit.

 

Selbstredend war weder Emil noch Bertha aus der Arbeiterklasse.

In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg gab es nur eine kleine Oberschicht, die sich derartigen Luxus leisten konnte.

Selbst die Mittelschicht der Gewerbetreibenden musste lange sparen, um ein Grammophon anschaffen zu können.

 

Pal Szinei-Merse: Picknick

Pal Szinei-Merse, Picknick 1873

 

 

Tipps für Sammler:

 

Die Vielfalt der Grammophone macht es heute so schwer, zu erkennen, ob ein Grammophon tatsächlich echt ist oder nicht.

Die meisten der heute noch existierenden Grammophone haben altersmäßig auch einige Schwierigkeiten.

 

Oft sind die Federantriebe des Motors defekt, oder die Schalldose passt nicht zum Tonarm.

Sehr häufig ist die Schalldose selbst auch defekt und gibt die Töne nicht optimal wieder.

Als Dekoration eignen sich aber sogar defekte Geräte noch.

 

Wer sich für ein solches Gerät unter 100,-€ interessiert, der sollte sich die Schrauben und Metallteile sehr genau ansehen.

Weder gab es damals Nirometall an Gebrauchsgegeständen, noch Kreuzschlitzschrauben.

Das Holz sollte schellacküberzogen sein (meist wurde Eiche verwendet) und sowohl Motor als auch Schalldose sollten der gleichen Marke angehören wie das Grammophon selbst.

Das sind nur einige Tipps.

Auf diversen Seiten von Schellack- und Grammophonliebhabern im Netz finden Sie massenhaft gute Hinweise.

Wer das Fluidum der alten Zeit genießen will und auf eine einwandfreie Funktion verzichten kann, der findet auch an einem reinen Dekogrammophon großen Gefallen. (unten im Bild ein Odeonette von 1925)

links: Koffergrammophon der Firma Thorens, Schweiz 1935-47

 

Thorens hat einen Schneckenspindelantrieb für den Motor verwendet, ein wirklich stabiler Antrieb, der wie ein "Schweizer Uhrwerk" funktioniert

 

Die Thorens-Schalldose Nr. 15 ist selbst schon von so guter Qualität, dass sie ohne Trichterverstärkung funktioniert und einen satten Ton erzeugt. Der im Gehäuse untergebrachte Bogentrichter endet im Schallloch links hinten und ermöglicht die Beschallung eines kleinen Saales.

 

Der Aufdruck Colorit im Deckel scheint auf ein Grammophon der Wiener Firma Colorit hinzuweisen, die nur knapp 2 Jahre existierte- von 1930 bis Mitte 1932- es ist daher fraglich, ob der Corpus wirklich von Thorens stammt.

Man könnte sich nun nach dem Kauf ärgern, dass da jemand einen Corpus mit "fremdem" Inhalt verbastelt hat, aber Thorensschalldose und -motor sind von sehr hoher Qualität und die kurze Laufzeit von Colorit ist äußerst interessant. Beides in einem wunderbar funktionierenden Grammophon vereint ist für den Musikliebhaber akzeptabel.

Zumal wir nicht wissen, ob die kleine Firma Colorit nicht möglicherweise Thorensteile verwendete. Schrauben und sämtliche anderen Teile sind Originale, es gibt keine blinden Löcher, keine Hinweise auf Fremdverschraubungen. Der Tonarm schwenkt genau über die Mitte der Platte, so dass auch er original sein dürfte.

Selten dürfte diese Grammophonvariante auf jeden Fall sein, darum freuen Sie sich mit uns, eine unserer Schellackplatten darauf zu hören. Vielleicht Freddy, Catherina Valente, Peter Alexander... oder Glenn Miller, Bill Haley und Louis Armstrong?

Der Genuss wird durch den Zweifel am Corpus keineswegs geschmälert.

 

Sehen Sie unten wie eine Glenn Miller- Aufnahme von 1943 auf dem Koffergrammophon klingt.

 


 

 

Der Schallplattenspieler

 

Im Grunde ist der Name Schallplattenspieler bereits auf die Grammophone anzuwenden, da sie ja ebenfalls Schallplatten abspielen. Für den elektrischen Schallplattenspieler hat sich aber der Name "Plattenspieler" allgemein durchgesetzt, da Grammophone mit ihrem schweren Tonarm und der noch schwereren Tondose mit dicker Nadel ausschließlich Schellackplatten abspielen können. Ein elektrischer Plattenspieler kann aber Schellack und Vinyl abspielen, wenn er dafür ausgelegt wurde.

Für die unterschiedlichen Rillen muss nur die Nadel getauscht und die Drehzahl verändert werden (33', 45' oder 78' Umdrehungen).

Bitte versuchen Sie nie, mit einer Vinylnadel eine Schellackplatte abzuspielen! Die Schellackplatte macht die zarte Nadel kaputt.

Für Schellack benötigt man eine Extranadel, mit einer Diamant- oder Saphirspitze.

 

Elektrische Grammophone für Schellackplatten gab es tatsächlich schon in den Zwanziger Jahren wie den elektrischen Plattenteller von Albert Ebner & Co um 1920.

1926 kam der erste elektrische Tonabnehmer bei General Motors auf, mit dem man das Signal von der Rille bis ins Radio verstärken konnte. Damit wurde es einfacher, Konzerte und Lifeübertragungen landesweit erlebbar zu machen.

Dennoch dauerte es bis Ende der Fünfziger Jahre, bis sich die leichten Vinylplatten durchsetzten und die Plattenspieler für 33' und 45' Umdrehungen den Markt übernahmen.

Ende der Fünfziger Jahre endete dann auch die Produktion der Schellackplatten in Deutschland.

In Ländern wie Indien gab es noch länger Schellackplatten, so dass es die Beatles 1964 und 1965 sogar auf Schellack gab.

Wenn Sie eine solche Platte in Ihrem Besitz haben sollten, dann legen Sie sie bitte hinter Glas oder schenken sie uns.

Sie gehört zu den Raritäten unter den Schellacks.

 

Zurück zum Abspielgerät:

Beim Plattenspieler tastet ein elektrischer Tonabnehmer die Rillen ab, überträgt das Signal auf den Verstärker und der wiederum überträgt es auf die Boxen.

Da die Nadel sehr klein sein kann, weil der Tonarm nun kein Auflagegewicht mehr benötigt, kann auch die Rille sehr klein sein.

Die Mikrorille der Vinylplatten erlaubt viel mehr Rillen auf der Platte, so dass bis zu 30 min auf eine Seite passen. Im Gegensatz dazu passt nur ein Liedstück von ca. 5 min auf eine Schellackseite.

Die feine Mikrorille kann zusätzlich zur Musik auch noch ein Stereosignal aufnehmen.

Durch die elektronische Übertragung und den federnden Tonabnehmer, bei einigen Geräten sogar Laserabtaster, ist die Störanfälligkeit für Motor- und andere Nebengeräusche stark verringert.

Auch die Vinylplatte selbst bietet einen Vorteil, da sie fast unzerbrechlich und sehr leicht ist.

Einziger Nachteil ist die Kratzeranfälligkeit. Wo eine dicke Schellackplatte noch mit Kratzern und Rissen weiterspielt, da springt der Tonarm in der zerkratzten Vinylrille immer wieder an dieselbe Stelle zurück- ein unerträglicher Zustand beim Hören.

Der Auspruch "Deine Platte hat einen Sprung!", wenn jemand ständig dasselbe erzählt, geht auf dieses Phänomen zurück.

 

 

 

Elektrischer Plattenspieler

Der leichte Tonabnehmer tastet die Rillen ab- fast wirkt es,

als würde er sie nicht berühren.

Das elektrische Grammophon der Firma Perpetuum Ebner aus den Dreißiger Jahren.

Warum es sich damals noch nicht durchsetzte kann man nur vermuten. Die Stromunabhängigkeit der mechanischen Grammophone mag ein Grund für ihren jahrzehntelangen Siegeszug gewesen sein.



Die Schallplattenspieler nahmen seit den Sechziger Jahren richtig Fahrt auf und eroberten den Markt weltweit.

Es wurden die kuriosesten Varianten erdacht.

Puppen mit batteriebetriebenem Miniplattenspieler im Rücken plärrten Kinderlieder.

Spielzeugplattenspieler mit Kurbel oder Batterie stellte man fast zeitgleich in Ost- und Westdeutschland her.

Ein kleiner VW-Bully dürfte die Krönung der Albernheiten sein: er kann auf die Platte gesetzt werden und während er die Rillen entlang fährt, tastet er sie ab und gibt den Ton über seinen eingebauten Lautsprecher wieder.

 

Tragbare batteriebetriebene Geräte kamen schon in den Sechzigern auf den Markt. Die ersten setzten sich nicht durch, weil der Motor sehr viel Strom frisst, anders als bei einem Kofferradio benötigt man für einen Plattenspieler Unmengen von Batterien.

 

Die formschönen Musiktruhen von Nordmende, Kuba und anderen standen in den Wohnzimmern herum. Sie hatten oft auch ein Barfach und gehörten zum modernen Mobiliar der Sechziger.

 

In den Siebzigern experimentierte man auch mit kleinen Plattenspielern für´s Auto. Sie setzten sich ebenfalls nicht durch- wohl weil man sie nicht ausreichend ausbalancieren und abfedern konnte, um auf einer normalen Pflasterstraße keine Kratzer in die Platte zu bekommen.

 

Die Musikboxen übernahmen nun bald jedes Café und viele Gaststätten. Wer sich noch an die wunderschöne "Wurlitzer" erinnert, der weiß, was eine Musikbox ist. Münze rein und beobachten, wie der Plattenarm über die Platten fährt, eine auswählt, sie platziert und dann kann man nur noch hoffen, dass die anderen Gäste die Musikwahl nicht verteufeln.

 

Für das Heim entwickelte man Plattenspieler mit eingebauten Verstärkern und Lautsprechern.

 

Jeder DJ hatte eigene Anlagen, mit denen er ganze Säle beschallen konnte.

Die DJ´s erfanden auch das Scratchen, das absichtliche Schrammen im Takt (mit der Nadel auf der Platte), um einen coolen Discosound zu erzeugen. Mancher brachte es dabei zu solcher Könnerschaft, dass seine "Scratching-Stücke" als eigene Kunstwerke auf Platte gebracht wurden.

Hier haben wir einen dieser seltsamen Effekte, wenn aus einem Fehler zuerst Kunst und dann ein echter Kult wird.

 

Firmen wie Thorens, Dual oder Teldec gehörten zu den größten Plattenspielerherstellern. Natürlich tummelten sich noch sehr viel mehr Plattenspieler-Firmen auf dem Markt, aber diese drei kennt fast jeder, der mal eine Platte besaß.

Die meisten von ihnen sind im Nirwana der Neunziger verschwunden.

Nicht so diese drei Großen:

Thorens ist heute noch voll am Markt, Teldec existiert noch in den Tonstudios Teldex in Berlin und Dual hat in der heutigen Dual Phono GmbH überlebt und ist wieder mit 9 verschiedenen Plattenspielertypen auf dem Markt.

 

Die Renaissance der Platte hat gerade erst begonnen.

Man wird sehen, wie sich ihr Comeback darstellen wird und wie lange sie die Musik- und Technikliebhaber begeistern kann.

Es gibt seit einigen Jahren eine elitäre Gruppe von Bastlern, die alte Plattenspieler aufkaufen und reparieren, um wieder Platten damit zu hören.

Der Grenzen gibt es bekanntlich keine, wenn es um´s Sammeln geht.

Ob es wirklich ein alter Dualplattenspieler sein muss oder ob auch ein moderner reicht muss jeder selbst herausfinden.

Wir legen in unseren Räumen nur auf Originalplattenspielern der alten Zeit auf und sind begeistert vom Klang und vom tadellosen Funktionieren nach so vielen Jahren.

Einige unserer Technikliebhaber sind sogar davon überzeugt, dass die Qualität der alten Geräte besser ist als die der heutigen.

 

Zumindest von Dual sagt man, dass die Plattenspieler der Sechziger und Siebziger absolute Marktführer waren und dass Dual später seinen Marktvorteil verlor. Das sollte aber kaum an der nachlassenden Qualität von Dual liegen, sondern mehr an der zunehmenden Qualität der anderen Hersteller.

Unsere Dualplattenspieler- und es sind unzählige- funktionieren einwandfrei und begeistern uns immer wieder.

 

Firmen wie Thorens aus der Schweiz haben ebenfalls nie Qualitätseinbußen erlebt. Schon die Grammophone von Thorens waren außerordentlich stabil und langlebig und auch die Thorensplattenspieler sind Marktführer bis heute.

Ganz abgesehen von dem futuristischen Design, das allein schon zum Kauf anregen dürfte.

 

Wenn Sie über einen neuen Plattenspieler für Ihre alten Stones-Alben nachdenken, dann wählen Sie am besten eine dieser großen erfahrenen Marken.

Die günstigen fernöstlich hergestellten Varianten mit tausend Funktionen und vollmundigen Versprechen, so als könnten sie Krebs heilen und das Universum erobern, lässt ein auf Qualität schauender Käufer besser links liegen.

Einzig japanische Produktionen heben sich qualitativ positiv ab.